Das markenbewusste Konsumerlebnis
Genau darin liegt die Chance der Brauer: Gläser sind die visuelle Identität einer Biermarke und damit das ideale Instrument im Sinne der Differenzierung. Noch bevor sich der Konsument von der Qualität und vom Geschmack ihres Bieres überzeugen kann, fällt sein Blick auf das Glas. Überzeugt ihn der Anblick, steigert dies seine Lust auf das Bier. Angesichts der Wettbewerbssituation auf allen Biermärkten kann daher der erste Eindruck auch bei einem Bier entscheidend sein.
Erfolgreiche Winzer wissen dies seit langem. Ohne das richtige Glas bleibt ein Teil der Aromenfülle eines Weines unentdeckt oder geht auf der Strecke zwischen Glas und Nase verloren. Außerdem macht das Weintrinken aus guten Gläsern geschmacklich und visuell Freude.
Aus genau den gleichen Gründen plädiert Prof. Charlie Bamforth, der an der University of California Brauen und Mälzen lehrt, für das Servieren von Bier in Gläsern. Wer Bier aus der Flasche trinkt, sagt Prof. Bamforth, beraubt sich des Geschmackserlebnisses, da die Bieraromen größtenteils über die Nase wahrgenommen werden. Und er kann weder die Schaumkrone bewundern, noch das Produkt in Augenschein nehmen.
Nach unserer Designauffassung sollten bei einem Bierglas idealerweise Form, Inhalt und Funktion korrespondieren. Dies ist nicht zuletzt der Gastronomie geschuldet, in der alle Gläser den Praxistest bestehen müssen. Doch selbst nach 50 Jahren und Hunderten von Designs sind Formgebung und Gestaltungsmöglichkeiten noch längst nicht ausgereizt, auch wenn sich bestimmte Formen als nahezu perfekt erwiesen haben. Indem sie sich der Beliebigkeit entzogen und eine eigene Identität entwickelten, verdienten sie sich dauerhafte Würdigung.
Bestes Beispiel ist das Exclusivglas der Pilsmarke Bitburger, das seit fünf Jahrzehnten im Einsatz ist. Dass es die deutsche Bitburger Brauerei war, die sich als erste für ein Exclusivglas entschied, sollte nicht verwundern. Der oben erwähnte Doktorand war nämlich Theobald Simon und die Brauerei, auf die er sich bezog, war seine Bitburger Brauerei. Dass es 30 Jahre dauerte von der Idee bis zur Umsetzung ist der technischen Realisierbarkeit geschuldet. Erst Anfang der 1960er Jahre wurde es möglich, hochwertige Gläser auch maschinell zu fertigen. Damit gelang es große Stückzahlen zu vertretbaren Kosten herzustellen.
Der elegante wie praktische Bit-Pokal, kreiert von dem damaligen Rastal-Chefdesigner Hermann Hoffmann, war damit das erste Exclusivglas in Deutschland, das maschinell produziert, wurde und zwar in makelloser Kristallglasausführung. Unverkennbar ist seit 1964 sein facettierter sechskantiger Stiel. Das Design des Kelches sollte die Qualitäten des Bitburger Pils hervorheben. Das Resultat beweist es: Dank seiner konischen Form wird nicht nur eine übermäßige Schaumbildung beim Einfüllen verhindert, auch der Kontakt mit Sauerstoff wird reduziert, was die Frische erhält. Weil die Verjüngung des Glases überdies den Schaum nach oben presst und verdichtet, was in einer perfekten Schaumkrone gipfelt, sprach man damals vom Bit-Pokal als einem sinnlichen Gesamtkunstwerk. Mit kleinen Modifikationen, für den Konsumenten kaum bemerkbar, findet das Glas seither seine Verwendung in der Gastronomie und verleiht der Marke Bitburger ihr unverwechselbares Aussehen. Weitere Brauereien ließen sich ebenfalls von dem Konzept überzeugen, so dass auch sie nach kurzer Zeit mit einem eigenen Exclusivglas von Rastal in der Gastronomie Furore machten.